dpa 27.03.1997

Kommunale Spielautomatensteuer soll auch Spielsucht vorbeugen

Karlsruhe (dpa) - Eine Spielautomatensteuer soll auch der Spielsucht vorbeugen. Der Gesetz-geber dürfe wie bei der Tabak- und Alkoholsteuer neben Einnahmen auch weitere Ziele verfolgen, unterstrich das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluß. Drei Verfassungsbeschwerden von Automatenaufstellern gegen die kommunale Spielautomatensteuer der Städte Göppingen und Eutin nahmen die Karlsruher Richter erst gar nicht zur Entscheidung an.

Lenkungszweck der Steuer sei es, ein Verhalten unattraktiver zu machen, das Folgekosten für die Gemeinschaft verursachen könne. Nach Ansicht der 3. Kammer des Zweiten Senats ist bei der Besteuerung sowohl eine Differenzierung zwischen Glücksspielen und Geräten ohne Ge-winnchance als auch hinsichtlich des Aufstellungsortes zulässig. Spielhallen mit vielen Auto-maten böten mehr Anreiz als Gaststätten, wo nur gelegentlich an den Geräten gespielt werde. Ob Automaten mit Gewaltspielen höher besteuert werden dürfen, ließ die Kammer unter Mit-wirkung von Gerichtspräsidentin Jutta Limbach offen, weil dies nicht Gegenstand der Ent-scheidung war.

Die Richter sahen auch keinen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl. Die Steuer entziehe den Automatenaufstellern nicht die wirtschaftliche Grundlage. Durch gewichtige Interessen der All-gemeinheit sei die Erhebung und Erhöhung der Steuer gerechtfertigt. In Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben die Landesgesetzgeber diese Besteuerungskompetenz auf die Gemeindenübertragen. Die Kommunalabgabengesetze der Länder sind dafür nach Auffas-sung der Kammer hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlagen.

(Aktenzeichen: 2 BvR 1599/89, 2 BvR 1714/92, 2 BvR 1508/95, Beschluß vom 1. März 1997)

dpa sk tj

271116 Mrz 97

 

Wörtlich heißt es u.a. in dem Urteil:

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a) Nach diesen Vorgaben darf der Satzunggeber insbesondere den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund rücken und den Finanzierungszweck zurücktreten lassen.

Die Erhebung der Spielautomatensteuer dient nach den Feststellungen der Fachgerichte (auch) der Einnahmeerzielung; die Auswahl der Steuerpflichtigen und die Gestaltung der Steuersätze knüpft objektiv an die in Verbrauch und Aufwand zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen an (vgl. BVerfGE 49, 343 <354>). Bei der Auswahl des Besteuerungsgegenstandes darf der Steuergesetzgeber auch weitere Ziele verfolgen (vgl. §3 Abs. 1 Satz 1 AO). So spielen insbesondere gesundheitspolitische Lenkungsziele z.B. bei der Tabak- und Alkoholsteuer eine Rolle. Ebenso ist die Auswahl des Steuergegenstandes für die Spielautomatensteuer durch das Ziel gerechtfertigt, der Verbreitung der Spielsucht entgegenzuwirken. Das Lenkungsziel besteht dabei nicht, wie die Beschwerdeführer meinen, im Schutz des Einzelnen vor sich selbst, sondern in dem Bemühen, ein Verhalten, das Folgekosten für die Gemeinschaft verursachen kann, unattraktiver zu machen (zum Gestaltungsspielraum gesetzlicher Regelungen zur Pflege und Förderung des sozialen Lebens vgl. auch BVerfGE 59, 275 <279>) (S. 15).

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Weiterhin soll die besondere Attraktivität der Gewinnspiele für die Nachfrager zur Eindämmung der Spielsucht verringert werden (vgl. BVerfGE 31, 8 <23>). Soweit der Steuersatz nach dem Aufstellort - Spielhalle oder sonstiger Ort - unterschieden ist, erscheint diese Differenzierung nach Art. 3 GG zumindest zulässig. Die Spielhalle bietet in der Vielfalt und der Menge der aufgestellten Geräte einen zusätzlichen Anreiz. Zudem werden die Spielhallen regelmäßig allein um des Spieles und damit des Spielaufwandes willen aufgesucht, während bei einem Gaststättenbesuch typischerweise das Automatenspiel nur gelegentlich angenommen wird (vgl. BFH, HFR 1966, S. 822 <823>) (S. 16).

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Als mittelbare Regelungen der Berufsausübung sind die Erhebung und Erhöhung der Steuer durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es erscheint angemessen, wenn die Allgemeinheit durch eine (höhere) Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielens beteiligt wird, auch wenn dadurch die Rentabilitätsgrenze der Gewinnapparate herabgesetzt, die Zahl der Apparate also vermindert worden sein sollte (vgl. BVerfGE 14, 76 <101>; 31, 8 <32>). Hiermit kann zugleich einer Gefährdung der Nachfrage und einer Verursachung von Allgemeinlasten vorgebeugt werden (vgl. oben II.2.a) (S. 17).

Bundesverfassungsgericht

- 2 BvR 1599/89 -

- 2 BvR 1714/92 -

- 2 BvR 1508/95 -


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